Da insistiert man auf Komplexität des Denkens, auf das Besondere im Allgemeinen, auf das Allgemeine in Besonderheiten, und so landet man zwischen den Stühlen.
Eine kleine Wiederholung in verkehrender Kritik:
Der Trend der Islamversteher ist es, Kritik am Islam mit dem Ausweichen auf die blutige Geschichte des Christentums zu begegnen und überhaupt jegliche Barbarei mit Widersprüchen der Zivilisation zu entschuldigen und so das Fortschrittliche in Zivilisation zu verraten. Solche Leute nennt man Kulturalisten. Ihre Kritik an Widersprüchen, so richtig das Argument faktisch sein mag, ist nicht eine Kritik am Zivilisatorischen, sondern eine Hinwendung zum Barbarischen im Verteidigten. Wenn zum Beispiel Genitalverstümmelung neuerdings auf Brustoperationen und Geschlechtsumwandlungen im Säuglingsalter bezogen wird, ist es nicht etwa die Absicht gegenüber einseitigen Verallgemeinerungen zu differenzieren, die diese Leute treibt, sondern die Absicht über Allgemeinheiten Identitäten zu schaffen, die es ermöglichen, sich als Einzelner im feindlich bestimmten "westlichen" Kollektiv als individuell zu dünken und so sowohl Genitalverstümmelung wie Brust-Op nur als Objekt vorschieben, an dem ein solches Verhältnis erzeugt werden kann.
Meine Absicht in den unten folgenden Artikeln war, zu differenzieren! Es kann nicht darum gehen, die historischen Fakten, die solche Kulturalisten aufzählen schlichtweg als falsche zu deklarieren. Es muss darum gehen, ihren merkwürdigen Fleiß beim Aufzählen solcher Fakten auf seinen wahren Grund, der Entschuldigung des Islams und der Identitätsgewinnung an diesem Ersatzobjekt zurückzustoßen.
Insofern bestehe ich weiterhin darauf, zu belegen, wovon man spricht und deutlich zu machen, warum man davon spricht. Die Kritik an Wertmüller beispielsweise habe ich NICHT zur Verteidigung des Islam geschrieben, wie Frank das unterstellt und nicht belegt, sondern um ein identitäres Moment darin aufzubrechen und dem Identischen geopferte Störfeuer der Geschichte ins Licht zu rücken. Das soll nichts vereinfachen, wie das die Kulturalisten mit ihrer Losung: Westen scheiße! tun, sondern zu etwas gründlicheren Recherchen und besseren Belegen und einem Nachsinnen über das eigene Interesse am Belegen anregen.
Wenn jemand die These vertritt, das Christentum habe ein vernünftiges Element, so ist dies a) am religiösen Text und b) an der Geschichte zu belegen. Beides schlägt meines Erachtens fehl. Vernunft ist die paradoxe Ausnahmeerscheinung im Christentum. Aufklärung als christliches Projekt zu bestimmen scheitert. Dem Islam Vernunftfeindlichkeit aufgrund einiger Sekundärliteraturpassagen nachzuweisen, schlägt ebenso fehl, nicht weil die Grundthese falsch ist, sondern weil die Beweisführung dürftig und tendenziös ist, was gerade dadurch um so schwerer wiegt, als diese Nachweise leicht gefunden werden könnten. Wo Vernunft gerade in Raserei mündet, zeigt Wertmüller in Kenntnis der Dialektik der Aufklärung ja bereits auf. Es wäre dann zuletzt zu fragen, wo das irgend am Christentum als vernünftig zu bestimmende Moment vor solcher Raserei gefeit bliebe. Auch vom dialektischen Standpunkt, der eben ein solcher nicht ist, darf man auf etwas Konsistenz bestehen.